

François Müller
premier entraîneur
François, du warst der erste Trainer von Max. Wie würdest du deine Beziehung zu ihm beschreiben?
François: Stimmt, ich war der erste Trainer von Max. Max war ein Mitglied, wie alle anderen, der grossen Fechtfamilie der FGK. Dazu hatte er zwei Geschwister, Martina und Michael, die auch aktiv waren. Es war wichtig, dass alle immer gleichbehandelt werden.
Erinnerst du dich an deine erste Begegnung mit Max? Hast du sein Talent schon früh erkannt? Kannst du ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern?
Max ist mir am Anfang nicht speziell aufgefallen, weil er eher ruhig und zurückhaltend war. Bis ich eines Tages eine Reihe von Übungen gemacht habe. Max wurde aufgrund seines Alters von 7 Jahren in die Gruppe C eingeteilt. Diese Gruppe habe ich immer in Form einer Gruppenlektion trainiert. Damals war das Florett die Waffe der Kinder und Jugendlichen. Die Übung war so: ich habe eine zusammengesetzte Parade (z. B. Konter-Sixt + Quart + Konter-Quart), jeder Schüler musste mit seinem Florett die erforderlichen Bewegungen ausführen, ohne dass ich die Klinge berührte (Parade-Riposte Recht). Max, der Jüngste in der Gruppe, hatte als Erster die Lösung gefunden (Lösung: Kreis-Sixt Umgehung Finte + Umgehung Finte in die Quart + Kreis-Quart Umgehung Stoss). Die Ausführung ist «einfacher» als die Beschreibung!
Ein Spitzensportler wie Max braucht eine zuverlässige und ehrliche Entourage. Kannst du aus deiner Sicht kurz beschreiben, wie du das Training mit ihm damals erlebt hast? Und kannst du dich an eine Situation erinnern, die für ihn oder für dich schwierig war?
Ich habe Max «nur» als Kind trainiert und gekannt. Für mich ist immer die Gruppe wichtiger als die einzelnen Personen. Soweit ich mich erinnern kann, hat Max vom Anfang an «immer» gewonnen. Die einzige Schwierigkeit für mich war es, zwischen ihm und seinem Bruder Michael eine gute Balance auf sportlicher Ebene zu finden.
Kannst du Max aus deiner Sicht als Mensch und als Spitzensportler beschreiben?
Für mich ist Max bis heute der beste Schweizer Fechter (Fechterinnen inbegriffen) aller Zeiten (siehe seine Resultate). Persönlich war er mir gegenüber eher distanziert. Ich bin auch eine nicht einfache Person. Auf den Pisten war er für meinen Geschmack zu aggressiv. Er flirtete manchmal zu sehr mit dem Reglement. Er hatte sich ein Fechtstill angeeignet, der zu seiner Persönlichkeit passte. Taktisch war er sehr gut. Konditionell auch hervorragend und im Einzelwettbewerb mental stark. In der Mannschaft zeigte er manchmal Schwächen, die ich nicht nachvollziehen konnte.
Was waren besondere, unvergessliche Momente, die du mit Max in seiner jungen Karriere erlebt hast?
Es gab für mich lustige und weniger lustige Momente. Der lustige Moment war an der Schweizer Meisterschaften der Kadetten in Bern (wenn ich mich nicht täusche), wo er und Peer Borsky (mein Schüler) auf dem dritten Platz landeten.
«Ich hatte Peer befohlen, sich auf die Kiste der Drittplatzierten zu stellen und ganz nach vorne zu gehen, bevor Max sich dort breit machte. Gesagt, getan. Ich bitte Max um Verzeihung, aber es war wichtig für Peers Selbstwertgefühl!»
Weniger lustig war für mich, als Max im ZFC trainierte und bei Rolf Lektionen nahm. Max hatte sicher einen Grund für seine Entscheidung, leider hat er ihn mir damals nicht mitgeteilt. Später ist er dann nach Basel gegangen.
Wie hast du reagiert, als du erfahren hast, dass Max zurücktreten will?
Das Max zurückgetreten ist, hat mich nicht überrascht! Obwohl ich denke, dass er noch vier Jahre bis zu den Olympischen Spielen in Los Angeles hätte weitermachen können. Meine Analyse: Max ist älter und Vater worden. Das hat seine Persönlichkeit beeinflusst und seine Resultate. Sein Fechtstil war körperlich zu anstrengend und entsprach nicht mehr seiner persönlichen Entwicklung. Eine Anpassung an seine Entwicklung wäre notwendig gewesen.
François – unter dem Aspekt «Wandel»: Max ist nun Präsident von Swiss Fencing und ein neuer Lebensabschnitt beginnt. Was kannst du als erfahrener Maître den jungen Fechterinnen und Fechter für ihre Karriere raten? Und was wünschst du dir für Swiss Fencing?
Ich wünsche Max, dass seine Hoffnungen, Wünsche und Ideen realisiert werden. Swiss Fencing zu führen ist nicht einfach. Es muss immer ein erreichbares Ziel geben, damit die Menschen motiviert bleiben (oder werden). Das eine Ziel ist gegeben, nämlich eine (zwei wäre schön) Mannschaft für Los Angeles zu qualifizieren (Finanzen). Das andere, die SFV-Mitgliederzahl zu erhöhen (nur aus einer starken Basis kann die Spitze stark werden – Breitensport).
Meine persönlichen Wünsche:
- Den «kleinen» Fechtclubs mehr Aufmerksamkeit schenken – Mitgliederzahlen erhöhen, dort Talente suchen (Max ist ein gutes Beispiel).
- Weiterbildung für Trainer und Leiter anbieten. Früher war das im Rahmen von J+S möglich.
- Unterstützung der Bedeutung der Clubtrainer (wie sollen sie motiviert sein, wenn ihre besten Fechterinnen und Fechter oft nicht mit ihren Clubkollegen trainieren oder nicht regelmässig von ihnen trainiert werden – diese Abwesenheit schwächt auch die Clubs). Der Clubtrainer kennt seine Schüler am besten.
- Die Vielfalt der Schweiz nutzen (Deutschschweiz, Romandie und Tessin). Es gibt drei verschiedene Mentalitäten und Stile (das sollte eine Stärke sein – früher gab es dadurch mehrere Fechtstile). Meiner Meinung nach haben sich die Stile vermischt. Früher waren sehr gute Mannschaften (Damen und Herren) immer aus verschiedenen Fechtstilen und Personen zusammengesetzt.
- Bildung von kleinen Kadern. Es muss ein Verdienst sein, zum Kader des SFV zu gehören.
- Der SFV sollte mehr kommunizieren und informieren (Transparenz).
«Was ich jungen Fechterinnen und Fechter empfehlen würde – ganz einfach: Trainieren, trainieren und nochmals trainieren. Sich selbst immer wieder hinterfragen. Auf die Meinung von Trainern und erfahrenen Fechter/-innen hören und sich eine eigene Meinung bilden. Einen eigenen Fechtstil entwickeln.»
PS: Ich bin nicht ins Detail gegangen, sonst hätte ich zu viel schreiben müssen. Es ist «nur» meine Meinung und Überzeugung.