Swiss Para Fencing – Rollstuhlfechten

Gabriel Nielaba

Gabriel, du warst in deiner aktiven Zeit als Fechter selbst ein Teil der Weltelite, deine Berufung führte dich dann als Fechtmeister an verschiedene Orte, bis du im November 2000 deinen Vater Henryk als Fechtmeister beim Fechtclub Bern abgelöst hast. Nun bist du seit Anfang Jahr im Ruhestand und kannst auf eine erfolgreiche und vielseitige Karriere zurückblicken. Was hat dich das Fechten gelehrt?

Mit mir selbst und meinen Mitmenschen besser umzugehen. Auf komplexe Situationen bedacht reagieren, um sie positiv zu lösen (es bedarf schnelle Auffassungsgabe und analytisches Denken, was man in den Wettkämpfen und als Trainer lernt). Den Mitmenschen (Schülern, Freunden usw.) positive psychologische Unterstützung geben.

Bevor du in Bern sesshaft geworden bist, warst du unter anderem acht Jahre lang Cheftrainer der Rollstuhlfechter*innen Deutschland. Kannst du uns kurz erzählen, wie es dazu gekommen war?

Die Rollstuhlfechter sind zum Fechtclub Tauberbischofsheim (Landeszentrum, Olympiastützpunkt) gestossen, weil sie die besten Trainingsmöglichkeiten suchten. Als sie eine Anfrage stellten, meldete ich mich freiwillig, um sie zu unterstützen. Wir haben auch ein Team aus erfahrenen Trainern für die drei Waffen zusammengestellt. Nach den ersten nationalen und internationalen Erfolgen ernannte mich der DBS zum Nationaltrainer.

Ihr wart damals sehr erfolgreich, habt unter anderem auch Medaillen bei den Olympischen Spielen gewonnen, richtig?

Wir haben bei den Europameisterschaften und Weltmeisterschaften insgesamt ca. 50 Medaillen gewonnen, die auf mein Konto als Cheftrainer gehen, abgesehen von unzähligen Medaillen bei allen anderen nationalen und internationalen Wettkämpfen. Bei den Paralympics in Atlanta und Sydney haben «meine» Rollstuhlfechter insgesamt 20 Medaillen gewonnen.

Was braucht es deiner Meinung nach, um solche Erfolge im Rollstuhlfechten zu erzielen?

Es braucht eine entsprechende Infrastruktur und Finanzierung sowie einen erfahrenen, sehr gut ausgebildeten Fechtmeister, der mit den Rollstuhlathleten sowohl sportlich als auch psychologisch sehr gut umgehen kann. Besonders in diesem Umfeld spielen Psychologie und Harmonie eine grosse Rolle.

«Der Fechtmeister muss sehr gute Kontakte zu den Fechtvereinen haben und mit den jeweiligen Trainern vor Ort sehr gut zusammenarbeiten. Ausserdem muss er aufgrund seiner Ausbildung in der Lage sein, seine Vereinstrainer entsprechend auszubilden und zu motivieren. Mit anderen Worten : Er muss eine Respektsperson sein.»

An Turnieren – wie wird gewertet? Und wie viele Kategorien gibt es überhaupt?

In den Waffen Säbel, Florett und Degen gibt es je nach Grad der Behinderung drei Kategorien: A, B, C. Entscheidung der Sportkommission national / international ist in der Wettkampflizenz festgelegt.

Du hast in Bern auch Rollstuhlfechter*innen trainiert – wie ist ein solches Training aufgebaut, um auch den Rumpf, die Arme und die Schultern der Athlet*innen nicht zu überlasten?

Dies ist eine Frage der Trainerausbildung und Erfahrung.

Die Schweiz bietet heute wenig Gelegenheiten für Rollstuhlfechter*innen – kaum entwickelte Strukturen und mangelnde Förderung sind sicherlich wichtige Gründe dafür. Doch wie sieht es mit dem Potenzial in der Schweiz aus, gibt es genügend Menschen, die sich für das Rollstuhlfechten interessieren und damit beginnen würden?

Ich denke schon, aber man muss es trotz aller Hindernisse vorantreiben wollen. Es braucht Willensstärke, Ausdauer und viel Optimismus. Wenn jedoch das Geld und die Infrastruktur fehlen, sehe ich keine rosige Zukunft. Die Ausrüstung und die Teilnahme an Turnieren sind für das Rollstuhlfechten leider sehr teuer. Egal, ob im Verein, bei Trainingslagern oder Fechtturnieren – die meisten Menschen mit Behinderung können das auf Dauer nicht selbst finanzieren.

Gabriel, jetzt bist du im Ruhestand… schwer vorstellbar, dass du jetzt nur noch auf der faulen Haut liegst, oder?

Nein, liege nicht auf der faulen Haut (lacht).

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