Rolf Kalich
erster Nationaltrainer

Rolf, du warst der erste Nationaltrainer von Max. Möchtest du deine Erinnerungen mit uns teilen?

Rolf: Als ich nach den Olympischen Spielen 1992, mit einer Olympischen Goldmedaille im Herrendegen Team, im Gepäck, im September mein neues Amt als Nationaltrainer Fechten in der Schweiz antrat, war Max gerade fünf Jahre alt.

In meinen Unterlagen, die ich gut aufbewahrt habe, taucht der Name Max Heinzer Jahrgang 1987 zum ersten Mal in der FHC-Saison 1998/99 auf, da war er 12 Jahre.

Er nahm am QA-Turnier in Bad Cannstatt teil, belegte dort den 158. Platz.

Seinen ersten Degenwettkampf für die nationale Rangliste absolvierte Max im EHC-Bereich in Genf 2001/2, 13. Platz, da war er 15 Jahre. Ab da fuhr Max 2-gleisig, Florett und Degen.

Mit 15 Jahren fing ich an, ihn schwerpunktmäßig für den Degen auszubilden. Maître Smolinski, sein Heimtrainer, hatte ihn sehr gut im Florett vorbereitet.

Max hatte schon immer einen aufwendigen, athletischen Fechtstil. Er war wissbegierig, diszipliniert und sog die neue Technik nahezu auf. Meine Lektionen dauerten zwischen 45 und 60 Minuten, mit Intervallen, wo besonders der Abstand, die Gefechtslinie und die Willensschulung im Vordergrund standen. Er kämpfte in jeder Lektion bis zum Umfallen, Luftprobleme zwangen ihn teilweise vor mir kniend eine Pause zu machen.

Seine Mutter Monique Heinzer brachte ihn regelmäßig nach Zürich/Saalsporthalle zum Training. Seine Eltern unterstützten ihn von Anfang an auf einem sehr hohen Niveau, seine Mutter/Vater waren bei jedem Wettkampf dabei, so konnten wir auch gemeinsam Privates diskutieren.

Jetzt fing der Ernst beim Degenfechten für Max an, ehrgeizig, bis ins Letzte.

«Er war kein Überflieger, er hat sich alles erkämpft.»

Um sein Luftproblem zu verbessern, ließ er sich Polypen aus der Nase entfernen.

Seine Spezialaktion, das Coupe auf den Rücken vom Florett, bauten wir in jede Degenlektion als Abschluss ein, da konnte er sich austoben, hatte viel Spaß dabei.

Unser Verhältnis, Nationaltrainer / Athlet war sehr gut. Er war lernbegierig, ehrgeizig und gab nie auf, was will man als Trainer mehr! Er vertraute mir von Anfang an. Es gab meinerseits ein einfaches Anforderungsprofil für die Athleten, mit denen ich arbeitete.

In der Grundtechnik erwartete ich eine gute Koordination zwischen Arm und Bein, dass sie auf der Gefechtslinie mit mir arbeiten konnten und dass sie einen gesunden Ehrgeiz hatten. Ich war angestellt für Spitzenleistungen, also sollten sie sich durch mein Programm durchbeißen!

Max erfüllte diese Kriterien, er jammerte nie….

Was daraus geworden ist: ein Weltklassefechter!

Seine Eltern standen hinter mir, wir haben heute noch ein sehr gutes Verhältnis, habe sie vor kurzem, im Juli dieses Jahres besuchen dürfen, zusammen mit meinem Kollegen, Freund, Maître Manfred Beckmann FGB (der Meister des Waffenbaus und der guten Stimmung).

Und wie ging es weiter?

2003/4, 17-jährig, hat er fast die ganze Junioren-Saison im Degen, vier WCs in Folge, mitgefochten, konnte sich aber noch nicht für die EM, oder WM qualifizieren.

Bei den EHC hatte er sich souverän für die WM in Plovdiv qualifiziert. Als 10ter war er der beste Schweizer.

Meine gute Meinung von ihm hat er bestätigen können.

Trotzdem sagte ich ihm immer wieder, Kadetten, Junioren Ergebnisse zeigen die Entwicklung, sind gut für die Motivation, geben Rückschlüsse für das weitere Training.

Im Training wird die Medaille geschmiedet, im Wettkampf bekommt jeder das, was ihm zusteht.

Abgerechnet wird im Seniorenbereich!!

In derselben Saison machte er nur zwei Quali-Turniere bei den FHJ und bei den FHC qualifizierte sich als einziger Schweizer für den 2. Start zur WM in Plovdiv, 40. Platz.

Jetzt war der Weg geebnet alles in die Waagschale DEGEN zu legen, dort sollte er seine größten Erfolge feiern.

Der Olympiasieg von Marcel Fischer 2004 in Athen, der erste Olympiasieger im Fechten der Schweiz überhaupt, war für alle Degenfechter eine Riesenmotivation, zeigte er doch was in einer kleinen Fechtnation möglich ist.

2004/5, mit 18 Jahren startete Max bei allen Senioren Quali-Turnieren, biss sich durch, konnte sich natürlich noch nicht für die EM, WM qualifizieren.

War zum Schluss 173zigster in der Weltrangliste mit 8 Punkten. Aber seine Beharrlichkeit, sein Leistungswille sollte sich später reichlich auszahlen.

Bei den Junioren konnte er sich sicher für die EM (Espinho) und WM (Linz) qualifizieren. Sein 28. Platz EM, der 10. Platz WM, waren die Bestätigung seiner guten Trainingsleistungen, mit Luft nach oben.

Im Florett Junioren qualifizierte er sich wieder als einziger Schweizer für die EM (Espinho) 19. Platz.

2005/6, 19-jährig, kam für Max der erste Einsatz bei einem Grand Prix in der Nationalmannschaft in Kuwait. Marcel Fischer, Beni Steffen, Max Heinzer und Valentin Marmillod belegten den 8. Platz.

Ich kann mich gut erinnern, dass Max sehr aufgeregt war und Marcel Fischer sehr besorgt um ihn, er kam zu mir und fragte mich, ob es nicht zu früh für Max sei, ob ich ihn nicht damit verheize. Max gegen Kanada gab mit einem Sieg gegen den stärksten Fechter Tichomirov die beste Antwort und war damit halbwegs integriert im Nationalteam.

Bei der WM Turin kam Max ebenfalls als Mannschaftsfechter zum Einsatz.

Bei den Junioren konnte sich Max für die EM Tapolca 38. Platz und Bronzemedaille im Team freuen. Die WM in Korea gab für Max einen 14. Platz im Einzel und nur einen 15. Platz im Team.

2006/7, jetzt 20-jährig, war es seine letzte Junioren-Saison. Alle liefen zur Hochform auf. Bei der EM in Poznan wurden wir Europameister im Team und bei der WM in Belek wurden wir Vizeweltmeister im Team.

Besser kann man sich nicht von den Junioren verabschieden, jetzt sollten 17 Jahre im Hochleistungsfechten folgen, die sehr erfolgreich wurden.

2007/8, die Olympiaqualifikation, im ersten reinen Seniorenjahr ist das Härteste, was man sich vorstellen kann. Max nahm an 9 QA-Turnieren teil, er konnte sich nicht für die EM in Kiew und nicht für die Olympischen Spiele in Peking qualifizieren, seine Zeit sollte aber kommen!

Ich habe den Aufschwung des Schweizer Fechtsportes 16 Jahre und vier Olympiaden mitgestalten dürfen.

Wir haben bei vier Olympischen Spielen 1x Gold, 2x Silber und einen 4. Platz geholt.

Bei Weltmeisterschaften 21 Medaillen und bei Europameisterschaften 15 Medaillen geholt.

Ich hatte während meiner Zeit fünf Präsidenten und ein Jahr haben wir den Verband mit meinem Sportchef Gabriel Nigon alleine führen müssen.

Ab dem 1.1.2005 hatte ich einen Trainer für den Nachwuchs, Maître D. Ollagnon, zur Seite.

Unter dem Aspekt «Wandel»: Max ist nun Präsident von Swiss Fencing und ein neuer Lebensabschnitt beginnt. Was wünschst du ihm für die Zukunft? Und was wünschst du dir von Swiss Fencing?

Mich hat der Entschluss von Max, Präsident zu werden natürlich erstaunt. Aber ich weiß, dass Max, wenn er sich zu solch einem Entschluss durchringt, alle Eventualitäten durchgespielt hat. Er kennt den Leistungssport von der Pike auf. Er kann jetzt verwirklichen, was ihm als Fechter gestunken hat.

Es ist eine Riesenherausforderung und nicht im Alleingang zu verwirklichen. Alle Gönner und Neider werden ihn argwöhnisch beobachten.

Er braucht sehr gute Leute im Verband, vor allem eine Elitekommission, die weiß, wovon sie spricht.

Er muss den Spagat zwischen Hochleistungssport, der am meisten kostet und dem Breitensport, der dem Verband Geld einbringt, machen. Er braucht Verbündete unter den Trainern, die an seine Visionen glauben, mitziehen.

Er braucht ein transparentes Qualifikationssystem, Punktesystem, das für alle Waffen, Fechter, Trainer, Gesetz ist. Das erspart allen Diskussionen, jeder kann es nachvollziehen! Jeder weiß ich bin dabei, oder nicht!

Und das Wichtigste, er braucht schnell Erfolg!

Der Erfolg bringt Ruhe in alles, dann kann er seine Vorstellungen verwirklichen.

In Sachen Sponsoring ist Max voll fit, hat sich in seiner Praxis schon bewährt.

Ich wünsche Max, das er die nächsten Gefechte neben der Bahn siegreich beendet, drücke ihm die Daumen, wünsche ihm, seiner Familie das Stehvermögen, das er brauchen wird, wenn der Wind ihm mal entgegen bläst.

Rolf, was kannst du unseren jungen Fechterinnen und Fechtern für ihre Karriere mitgeben?

«Zum Schluss mein Vorschlag für alle jungen Fechterinnen/Fechter, die die Grundausbildung absolviert haben und nach Höherem streben, sie dürfen sich selbst die Frage beantworten: Will ich Solist oder Chorknabe werden?!»

Das Hochleistungsfechten erfordert den ganzen Mann, die ganze Frau.

Halbherzigkeiten führen nie zum Ziel!

Wer zwei Instrumente spielen möchte und dazu noch im Fechten weiterkommen will, der muss sich entscheiden…

Wer lieber in die Skiferien geht, vielleicht beim nächsten QA-Turnier verletzt ist, der muss sich entscheiden…

Wir haben immer zwischen Weihnachten und Neujahr trainiert, die anderen hatten dafür einen dicken Bauch…

Wir haben über Mittag ein Athletikprogramm absolviert, die anderen waren gemütlich Mittagessen…

Wir haben gemeinsame Absprachen über das Training, Schule und Studium geführt und sie eingehalten…

Am Anfang braucht ihr einen guten Heimtrainer, der euch eine solide Grundausbildung vermittelt, dann kommt der Nationaltrainer dazu und ihr seid schon zu dritt.

Dazu braucht es einen, besser zwei gute Fechtkollegen im Club, mit denen du dich täglich messen kannst, mit denen du in einen gesunden Konkurrenzkampf treten kannst…

Die Eltern bleiben in jedem Fall auch in Zukunft die ersten Sponsoren 🙂

Viel Glück Max!
Rolf Kalich,

dein erster Nationaltrainer und Freund,

den du immer anrufen kannst, solltest du mal einen Rat brauchen, lass dich nicht unterkriegen, zeige Mut und Entschlossenheit bei der Umsetzung deiner Ziele!

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